Eigentlich wollte ich am Wochenende gerne in die Hauptstadt meines Bundesstaates fahren: Belo Horizonte, kurz BH (gesprochen: beagá). Übersetzt heißt das Ganze: schöner Horizont.
Die Schwimmer ahnen vielleicht, wieso ich da hin wollte: von Freitag bis Sonntag fand dort die Auftaktveranstaltung des Kurzbahn-Weltcups statt. Da ich aber niemanden zum Mitfahren gefunden habe (mein Trainer wollte ja so gerne, aber musste wegen dem Kindertag am Sonntag arbeiten) und nicht alleine in eine 3-Millionen-Stadt fahren wollte (eine kostenlose Unterkunft hätte ich beim Bruder meines Praktikumsbetreuers gehabt), bin ich nicht gefahren.
Verpasst habe ich rein schwimmtechnisch nicht viel, da doch kaum eine internationale Größe nach Brasilien gekommen ist. Der Eintritt wär übrigens 1Kg nicht verderbbarer Lebensmittel (ausgenommen Salz und Zucker) gewesen. Zu diesem seltsamen Zahlungsmittel werde ich euch demnächst mal noch mehr erzählen.
Damit ich etwas Sinnvolles mache, bin ich am Samstag 1,5h mit meinem Praktikumsbetreuer Jonas (der auch nix zu tun hatte) Rad gefahren - erstaunlicherweise mal ohne Berge, die es zu überwinden gab. Viel haben wir nicht geschafft, da man auf Holperpisten, wie in Itajubá, nur langsam vorwärts kommt. Dafür tut mein Sitzfleisch jetzt gut weh... Zu sehen gab es viele einfache Menschen, da wir durch die Randbezirke von Itajubá fuhren. Ich fand es eigentlich sehr interessant, den Leuten vom Rad aus bei ihren Wochenendbeschäftigungen zuzuschauen: Trinken, Tanzen, Angeln im braunen Fluss, Quatschen und einfach nix tun.
Am Sonntag bin ich mit Jonas, nachdem leider der Professor, der mir seine Farm zeigen wollte, keine Zeit hatte, nach São Lourenço gefahren. São Lourenço ist eine kleine Stadt, welche aber zugleich Thermalbad ist. Viel gab es eigentlich nicht zu sehen, aber der Ausflug war dennoch sehr nett.
Im Parque das Águas habe ich alle möglichen Mineralquellen durchprobiert, bis sich alles unter glucksenden Geräuschen in meinem Magen vermischte. Jede der Quellen hat sehr unterschiedlich geschmeckt - die meisten aber in der Regel schrecklich. Am besten hat mir eigentlich das Magnesiumwasser gefallen. Insgesamt gibt es wohl acht Mineralquellen, ob ich alle erwischt habe, weiß ich nicht, da es keinen Rundweg im groß und schön angelegten Park gab.
Im Park konnte man außerdem einen "Pau Brasil" bewundern, der Namensgeber Brasiliens. Als die Portugiesen nach Brasilien kamen, war das Holz des Brasilbaumes das einzige was sie nutzen und auch nach Europa verkaufen konnten. Der Baum hat eine rötliche Rinde und aus dem Holz kann man einen roten Farbstoff gewinnen. Das Holz nannte man daher die Glut des Feuers ("brasa") und gab dem Baum den bekannten Namen. Brasilien wurde früher "terra do brasil" - Land des Brasilholzes - genannt.
Da alle anderen "Touristenattraktionen" irgendwie an diesem Sonntag nicht in Betrieb waren (zum Beispiel gibt es eigentlich noch eine Dampflok - die man hier Maria Fumaça nennt), sind wir noch mit einem wackeligen und dazu noch total überteuerten Sessellift gefahren. Einen Berg gab es eigentlich nicht wirklich. War eher so, als würde man in Dresden vom Hauptbahnhof zum Campus 'nen Sessellift spannen.
Da die Stadt danach eigentlich so gut wie abgearbeitet war, das Bayern-Kaufhaus haben wir uns gespart, sind wir noch nach Passo Quattro gefahren. Ein Ministädtchen von welchem ich gerne das Mineralwasser trinke. Die Familie von Jonas kommt von dort und da wir leider aufgrund einiger Umwege zu spät dort ankamen, um noch Wasserfälle anschauen zu gehen, haben wir halt seine Familie besucht. Fast alle waren auch an einem Ort - zur großen Kindertagsfete im Haus einer Oma. War eigentlich ganz witzig und ich hab auch kurz mit ein paar Leuten geredet. Später musste ich noch die ganze Familiengeschichte über mich ergehen lassen - Jonas' Vater, Professor in der Uni in Itajubá und außerdem Chef meiner Praktikumsfirma, empfand das als sehr wichtig und die Großmutter wollte, dass ich auch ja das ganze Haus anschaue.
Ein lustiges Ritual hat die Familie, jeder bringt von Reisen immer einen schönen Teller mit und der wird dann zu den anderen an die Wand gehängt. Und da die Familie riesig ist, ich glaube die Großmutter hat um die 30 Enkel, hängen dort auch viele. Nur einer aus Meißen fehlt noch, aber der Prof. überlegt bei seinem nächsten Deutschlandaufenthalt einen zu kaufen.
Als letztes durfte ich dann zu Ehren des Tages noch mit einer seiner Tanten deutsch reden. Sie hat in Deutschland studiert und ist so mehr oder weniger auf dem alternativen Weg. Ihr Haus ist nicht ihr Haus, sondern das Haus der Fontänen (sagt sie). Dort arbeitet sie auch zugleich als Heilpraktikerin und setzt viel auf Malerei und Musik. Ich durfte neben ihren 2 Brunnen also auch noch ihr Atelier bewundern. Ein sehr gemütliches Haus und eine sehr nette Dame, wenn sie auch einen sehr alternativen Lebensweg eingeschlagen hat. Und erstaunlich gut Deutsch konnte sie. Aber im Moment ist etwas sehr im Stress, da sie gerade ihr Buch fertig stellt: eine Autobiografie über eine schwedische Sängerin und Heilpraktikerin, welche aber bereits vor 30 Jahren gestorben ist (den Namen habe ich leider vergessen).
Und hier noch was aus meiner Biografie: Heute war der Tag des Wartens. Erst habe ich 20 Minuten auf meine Portugiesischlehrerin gewartet, welche dann natürlich nicht kam. Und Mittags habe ich nach 20 Minuten mit gezogener Nummer in der Post rumsitzen aufgegeben und werde es ein anderes Mal versuchen meine Post aufzugeben. In der Zeit waren vielleicht vier Leute dran. Wie kann man nur so langsam arbeiten...
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