Wie schon angekündigt, mal wieder etwas aus der brasilianischen Welt der Dinge: Kommunalwahlen im ganzen Land.
Am Sonntag war es also so weit, brasilienweit wurden neue Bürgermeister gewählt. Das Ereignis hatte sich bereits seit Wochen (eigentlich würde ich ja fast sagen Monaten, aber ich bin ja erst zwei hier) lautstark und bunt angekündigt.
Was meine ich damit: Zum einen die Wahlwerbung, welche hier wirklich aufdringlich ist. Jeder Kandidat kauft sich regelrecht seine Unterstützer. Wer Geld braucht verunstaltet also sein Auto oder seine Hausfront und Fenster mit breit grinsenden Gesichtern. Je nach Größe des menschlichen Abbildes, wird man dann bezahlt. Zum Beispiel kann man für Wahlwerbung am Auto (meist an den Fenstern) so ganz einfach um die 100 Reais bekommen (aber so genau weiß ich nicht, was man für welche Größe bekommt). Ich habe in Itajubá ein Haus gesehen, welches zum Verkauf steht und schön mit Wahlwerbung geschmückt war - scheinbar benötigt da jemand dringend Geld.
Zum anderen gibt es zahlreiche Wahlhelfer, die fleißig in Riesenkostümen durch die Gegend rennen und Flyer verteilen. Letzte Woche haben gleich zwei verschiedene Helfer (also für unterschiedliche Kandidaten) beim Einsteigen in den Bus fleißig ihre Flyer verteilt... Die Frage ist nur, ob das was bringt.
Ach und letzten Freitag war es eigentlich unmöglich zu arbeiten, da irgendwelche Wahlhelfer meinten es würde uns wohl dazu bringen einen bestimmten Kandidaten zu wählen, wenn sie den ganzen Tag vor unserem Fenster laut singen und pfeifen.
Ok am Sonntag war also dann Wahl und da in Brasilien Wahlpflicht gilt (seht da habt ihr gleich wieder was neues dazu gelernt), musste sich auch jeder der grade nicht in seiner Heimatstadt ist, bei einem Wahllokal melden. Briefwahl scheint es nicht zu geben - dafür aber Wahlcomputer und teilweise die neuesten elektronischen Wahlurnen mit biometrischer Erkennung des Fingerabdrucks (komisch, dass ich bei solch einer Technik bei der Bundespolizei noch alle Fingerabdrücke mit Tinte abgeben musste). Wer nicht wählen geht muss eine Strafe zahlen. Das will natürlich keiner, also waren wir in Maresias und jeder hat fleißig einen Zettel mit seinem Namen und allem drum und dran ausgefüllt. Dazu gehört auch eine Nummer, welche sich auf dem Wahlausweis befindet (den muss man neben dem Personalausweis zur Wahl mitbringen). Blöderweise hatte Marcelos Vater seinen vergessen, so dass das ganze Nicht-Wählen (denn eigentlich war es ja nur ein Melden à la: Hallo ich bin nicht zu Hause und konnte daher nicht wählen) ewig gedauert hat, da er erst jemanden telefonisch erreichen musste, der seine Nummer kennt. Letztendlich hatte aber jeder seine Bescheinigung, dass er in einem Wahllokal aufgetaucht ist, in der Hand.
Wie wird hier so gewählt: in kleineren Städten gewinnt der, der die meisten Stimmen hat. Ab 200.000 Einwohnern kann man nur mit absoluter Mehrheit Bürgermeister werden. Aus diesem Grund gibt es auch in vielen Städten demnächst Nachwahlen. Im Fernsehen wird lang und breit über die Wahlen - zunächst Prognosen und dann Ergebnisse - berichtet und scheinbar interessiert das die Leute auch wirklich. Ich fand es langweilig für alle möglichen Städte die Gewinner zu sehen. Es interessiert doch in Deutschland auch Keinen, wer in einer anderen Stadt als der eigenen zum Bürgermeister gewählt wurde. Oder habt ihr euch schon mal ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wer in Rostock (Stadt beliebig austauschbar) zum Bürgermeister gewählt wurde? Wahlprognosen scheinen in Brasilien genauso wenig zu stimmen, wie Wetterberichte - zumindest in Sao Paulo (dort hat sich überraschend eine Frau für die Nachwahlen qualifiziert, ohne dass die Prognosen das vorhergesehen hätten). Aber vielleicht liegt es auch daran, dass sie bei der Riesenstadt irgendwelche Probleme mit dem Zusammenrechnen der Ergebnisse der einzelnen Wahlcomputer hatten (auch das durfte man sich lang und breit im Fernsehen anhören).
So und nun zum Schluss noch 'ne lustige Sache (auch aus dem Fernsehen): in einer kleineren Stadt hatten zwei Kandidaten gleich viele Stimmen. Ich hätte angenommen, dass es da Nachwahlen gibt, aber das brasilianische Gesetz sagt, dass der Ältere der Bürgermeister wird.
Und zum Wahlergebnis von Itajubá weiß ich nix. Hoffentlich wurde der alte Bürgermeister abgewählt. Der ist nämlich Besitzer einer der größten Kopfsteinpflaster-Firmen Brasiliens und dementsprechend sehen hier auch die Straßen aus. Aber dazu später mehr, wenn es wieder heißt: neues aus der brasilianischen Welt der Dinge...
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Bürokratie,
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