Am Sonntag habe ich etwas ganz Ungewöhnliches für Brasilien gelernt: extreme Pünktlichkeit. Das Schlimme daran, es ist eine seltsame und zudem übertriebene Pünktlichkeit.
Aber erst einmal zum Anfang: Es ging mit dem Club SESI (vom kalten Pool) zu einem Wettkampf nach Andradas - einer Kleinstadt, die vielleicht 2 bis 2,5 Autostunden von Itajubá entfernt ist.
Normalerweise bevorzuge ich ja den anderen Schwimmclub, aber letzte Woche war ich aufgrund der extremen Hitze auch mal wieder bei diesem Club, im nun mittlerweile nicht mehr so kalten Pool, schwimmen. Und glatt wurde ich gefragt, ob ich am Sonntag um 4 Uhr mit zu einem Wettkampf fahren will. Die Zeit schreckte mich natürlich erst mal mehr als ab, aber irgendwie habe ich mich dann doch dazu durchgerungen. Ich möchte noch erwähnen, dass wir am Sonntag Sommer-Zeitumstellung hatten und die Uhr von 0 Uhr auf 1 Uhr vorgestellt wurde. Treffpunkt war also eigentlich um gefühlte 3 Uhr. (Anmerkung an alle: diese Woche beträgt der Zeitunterschied zu Deutschland nur noch 4 Stunden. Wenn ihr dann nächsten Sonntag - hiermit die Erinnerung an alle, die es nicht wussten - auch eure Uhren umstellt, sind wir nur noch 3 Stunden voneinander getrennt.)
Was war das ganze für ein Wettkampf? Es war eher ein Treffen von SESI-Clubs aus verschiedenen Städten. Diesen Club scheint es hier wie Sand am Meer zu geben. Und da das ganze kein offizieller Wettkampf, sondern eher ein Schwimmfest war, konnte auch ich getrost dort mitschwimmen, ohne mein Startrecht in Deutschland zu gefährden (für die Nichtschwimmer unter euch: man darf auch im Ausland nicht einfach für irgendeinen Club starten, denn dann verliert man sein deutsches Startrecht).
Pünktlich um 4 Uhr war ich also beim Pool des Clubs und in 2 Kleinbussen ging es Richtung Andradas los. An Schlafen war kaum zu denken, denn überdrehten Kindern ist die Uhrzeit natürlich völlig egal. Und da der Kleinbus einen Bildschirm hatte, wurden fleißig Kinder- und Teenagerfilme geschaut. Ich kann mich aktuell noch an zwei erinnern: den ersten taufe ich einfach mal Jumping Girl, denn die Hauptperson ist die ganze Zeit wild durch die Gegend gehüpft (beim Aufstehen, beim Freuen, beim Reden, ...). Der andere nannte sich Highschool. Naja, die Hälfte habe ich dennoch bei beiden Filmen verdöst. 6 Uhr haben wir für bestimmt 30 Minuten zum Frühstücken angehalten, aber ich hatte gar keine Lust zu frühstücken. Wie auch, für mich war es immer noch mitten in der Nacht. Aber als mir jemand ein Stück Kuchen unter die Nase hielt, habe ich dann doch zugelangt.
Am Wettkampfort kamen wir ungefähr um sieben Uhr an. Das Einschwimmen begann um 8 Uhr, der Wettkampf um 9 Uhr. Ich hoffe ihr versteht jetzt die falsche Pünktlichkeit.
Der Wettkampf war eigentlich ganz in Ordnung. Aber in meiner Altersklasse gab es mal wieder keine Mädels. Also bin ich wieder mit den Männern geschwommen. Schwimmen durfte ich leider nur zweimal, ich hatte mir 50 Schmetterling und 50 Freistil rausgesucht. Schmetterling habe ich die 2 männlichen Gegner besiegen können, bei Freistil unterlag ich trotz echt guter Zeit (29,3) dem einzigen Gegner (männlich). Dafür gab es aber wieder Medaillen - für mich, wie sollte es anders sein, wenn es keine Gegner gab, natürlich Gold. Zwei Andenken mehr von meinem Brasilienaufenthalt. Und ich wurde von etlichen Leuten angesprochen, weil sie wissen wollten, woher ich komme und wieso ich so schnell (für brasilianische Kleinstadt-Verhältnisse) schwimme. Einer hat mir sogar gesagt, wie wunderschön doch mein Schmetterling-Schwimmen aussieht...
Das Witzigste am ganzen Wettkampf war eigentlich wie lautstark mein Team jeden, mich eingeschlossen, anfeuerte. Und wie mir jeder nachdem ich die Männer in Schmetterling besiegt hatte, die Hand schütteln kam und mir gratulierte.
Also liebe Trainingsgruppe in Deutschland, ich hoffe ich werde dann auch von euch so zurückempfangen. ;-)
Nach dem Wettkampf ging es auf Kosten des Clubs noch in ein Kilo-Restaurant. Schöne Sache, denn ich habe weder für den Wettkampf was bezahlt, noch bezahle ich in irgendeiner Form Mitgliedsbeitrag. Ich werde aber wohl in der letzten Woche hier in Itajubá als Dankeschön mal einen Kuchen backen.
Und zum Schluss des Tages, noch einen Spruch, den ich heute im Portugiesischunterricht gelernt habe: "O dinheiro não traz felicidade, dê-me o seu e viva feliz." - Geld bringt kein Glück, deshalb gib mir deins und lebe glücklich.
4 Kommentare:
zwei Anmerkungen meinerseits zum Text:
1. Warum haben die brasilianischen Kind- / Teenagerfilme alle englische Titel (inkl. deinem erdachten)?
2. Du wirst in Deutschland nur genauso lautstark angefeuert und umjubelt wie in Brasilien, wenn du dort auch die Männer besiegst... ;-)
By: Anonym on 21. Oktober 2008 um 09:29
Na, mit dem Spruch lässt es sich doch ganz gut leben ;-)
Ich kenn mich zwar mit den Schwimmerzeiten nicht aus, aber ich gratulier dir trotzdem zu deinen ganzen Erfolgen und Siegen! Auf das dies auch in Deutschland dann weiter so gut für dich läuft!! (und du den Christian besiegst ;-))
PS: "Jumping-Girl" klingt ja ziemlich oskarverdächtig...
By: Anonym on 21. Oktober 2008 um 20:07
Also die Filme sind auch keine brasilianischen Filme, sondern Englische. Die Synchronisation ist übrigens sehr schlecht, sprich manchmal bewegt sich der Mund nicht mal mehr, wenn was gesagt wird.
Der eine Film hieß übrigens korrekterweise "High School Musical 3" und kommt ab Donnerstag im deutschen Kino.
Sandra vielen Dank für deine Glückwünsche, aber Christian werde ich wohl maximal mit bescheißen besiegen. Wird also wohl nix mit dem anfeuern...
By: Katja on 22. Oktober 2008 um 03:12
Hier noch ein Nachtrag zum Wettkampf:
Ich habe euch bisher nicht vom Medaillen-Fischen erzählt. Diesmal haben mich die Kinder gedrängt mitzumachen. Und zwar werden alle gewonnen Medaillen kurz ins Wasser im Wettkampbecken eingetaucht und dann rausgezogen. Wahrscheinlich kann man sich dabei sogar noch was wünschen...
Lustige Sache,. Ich hatte mich bisher nämlich immer gewundert, was die alle ihre Medallien ins Becken tauchen (denn dreckig waren sie eigentlich nicht).
By: Katja on 22. Oktober 2008 um 03:16
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