Die Cidade maravilhosa - die wunderbare Stadt, wie sie die Einwohner nennen - begrüßte uns zunächst erst einmal von ihrer schlechten Seite. Zum einen haben wir aufgrund des totalen Verkehrschaos vom Flughafen zum Hostel 2 Stunden gebraucht, zum anderen war die Klimaanlage des Busses auf gefühlte Minusgrade eingestellt, so dass ich mörderisch gefroren habe. In Rio de Janeiro regnete es derweil bei kalten 18 Grad. Bisher hatten wir auf unserer Reise nur Glück mit dem Wetter gehabt. Die 2,5 Rio-Tage sollten eher durchwachsen werden.
Wir hatten bereits vorher ein Hostel an der Copacabana reserviert. Diesmal war unser Zimmer auch nicht durch jemand anderen belegt - welch ein Wunder. Dafür stellte sich das Hostel (Mellow Yellow) als totaler Fehlgriff heraus, aber dazu später mehr...
Aufgrund des regnerischen und kalten Wetters machten wir am ersten Abend nur eine kleine Erkundungstour um unseren Block. Dafür beteiligten wir uns am Abend an einem Quiz im Hostel, wo wir versuchten mit zwei Franzosen und einem Polen den ersten Platz zu belegen und damit einen Satz T-Shirt zu gewinnen. Da die Fragen sehr britisch zugeschnitten waren, hatten wir mit unserer Teamzusammensetzung leider (trotz Mogelns) keine Chance auf den Gewinn. In der ersten Nacht im Hostel durften wir dann auch die tolle Lage unseres Zimmers feststellen: alle, die das Hostel verlassen wollten bzw. wieder nach Hause kamen, mussten bei uns vorbei. Aufgrund der Party-Süchtigen und Facebook-fanatischen Backpacker (ich glaube von den Sehenswürdigkeiten in Rio haben sie nicht wirklich etwas gesehen) sind wir daher ständig aufgewacht, besonders als 4:30 die Bar im Hostel zumachte und alle in irgendeinen Club weiterzogen.
Wegen des mittelmäßigen Wetters besuchten wir am nächsten Tag zunächst das historische Zentrum. Neben einem Kloster und einigen Kirchen bekamen wir hier viele historische Gebäude und Hochhäuser zu sehen - also alt und neu auf einem Fleck. Das Teatro Municipal - das städtische Theater - haben wir während einer Führung von Innen bewundern können. Im Moment befindet es sich aber gerade in der Restaurierung (welche im Juli 2009 pünktlich zum 100. Geburtstags des Theater beendet sein soll), so dass noch nicht wieder alles im alten Glanz erstrahlte. Beeindruckend war auch das Real Gabinete Português de Leitura - eine wunderschöne Bibliothek mit zahlreichen bis zu 500 Jahre alten (zum größten Teil portugiesischen) Büchern.
Mit der Bonde - einer alten Straßenbahn - sind wir auf den letzten Überresten des einst 400 km langen Schienennetzes von Rio vom Zentrum in das Künstlerviertel Santa Teresa gefahren, von wo man einen schönen Blick auf das Zentrum von Rio de Janeiro hat. Die Fahrt kostete lediglich 0,60 Real, fährt man aber als Trittbrettfahrer (an der Seite auf den Trittbrettern stehend) mit, so ist die Fahrt sogar kostenlos. Wir zahlten lieber und machten es uns auf den Sitzbänken gemütlich, hatten wir doch bereits vorher von der gefährlich engen Überfahrt über das frühere Aquädukt Arcos da Lapa gehört. Die Schulkinder von Santa Teresa hingegen gönnten sich (und uns) den Spaß und fuhren auf den Trittbrettern mit und vollführten Kunststücke oder rannten neben der Bahn her, um letztendlich in einem Fotoalbum in Europa oder Amerika zu landen (oder halt in meinem Blog ;-) ).
Christian ließ es sich trotz Schmuddelwetters nicht entgehen am Abend an der Copacabana im extrem kalten und total welligen Atlantik baden zu gehen (vermutlich herrschte gerade eine komische Strömung vor, schließlich ließen die Temperaturen eher an die Ostsee als an Brasilien erinnern). Lange hielt er es allerdings nicht aus. Von der Copacabana aus erspähten wir auch zum ersten Mal die Christus-Statue, welche uns aufgrund der vielen Wolken den ganzen Tag über verborgen geblieben war.
Am nächsten Morgen fuhren wir zum Zuckerhut. Mit der überteuerten Seilbahn ging es zunächst zur Mittelstation, wo wir neben kleinen Affen einen wunderschönen Blick auf Rio de Janeiro hatten. Hier konnte wir außerdem die alten Gondeln, welche unter anderem aus dem James-Bond-Film "Moonraker - Streng geheim" bekannt sind, anschauen. Auch die Christus-Statue war gnädig und schob für kurze Zeit die Wolken zur Seite, so dass wir einen Blick auf die riesige Statue auf dem 704 m hohen Corcovado werfen konnten.
Mit einer weiteren Gondel konnten wir schließlich auf den Zuckerhut hinauffahren. Aus 394 m Höhe hat man einen fantastischen Blick auf die in Berge und viel Grün eingebettete Küstenstadt Rio de Janeiro mit ihren kilometerlangen Stränden.
Als nächstes ging es nach Ipanema, wo wir am Strand wieder Sand einsammelten und die endlich herausgekommene Sonne genossen. Da wir leider keine Badesachen mit hatten fuhren wir zurück zu unserem Hostel und gingen dann an der Copacabana baden (das Wasser war immer noch verdammt kalt, aber mit der prallen Sonne war es auszuhalten).
Nachmittags trafen wir uns mit einem Stipendiaten der Stiftung der deutschen Wirtschaft am Forte de Copacabana. Er macht gerade ein Auslandssemester in Rio. Da wir leider nicht mehr viel Zeit hatten, schauten wir das Fort nur etwas halbherzig an und nahmen dann ein Taxi zum Fuße des Corcovado (von wo aus man mit einer Zahnradbahn zur Christus-Statue hinauffahren kann). Leider dauerte die Taxi-Fahrt länger als erwartet (der typische Feierabendstau - das ist der zwischen dem Nachmittags- und dem Nachtstau ;-) ), so dass wir leider erst nach Betriebsschluss der Seilbahn an der Talstation ankamen (laut unserem mit zahlreichen Fehlern behafteten Reiseführer wäre sie noch gefahren). Ein Guide bot uns an mit einem Van die Straße zur Christus-Statue zu fahren. Da diese aber, wie sollte es bei bedecktem Himmel auch anders sein, natürlich in Wolken eingehüllt war und uns andere Touristen sagten, dass zudem der Zugang zur Statue geschlossen ist, verzichteten wir auf diese Möglichkeit. Es kann halt doch nicht alles klappen auf so einer Reise. Aber das Wetter lässt sich halt nun mal nicht ändern.
Die letzte Nacht im Hostel wurde zur schrecklichsten Nacht in Brasilien überhaupt. Neben unserem Zimmer befand sich scheinbar der Warmwasserboiler. Durch einen offensichtlichen Defekt, heizte der Boiler die ganze Nacht über das Wasser auf (normalerweise sollte er das nur morgens machen), was sich für uns anhörte als würde jemand direkt neben unserem Bett Wasser kochen. Unser Hinweis auf das Problem wurde von der Rezeption abgeschmettert mit der Aussage, dass halt gerade viele duschen (wir haben mal nachgeschaut, eine Person duschte gerade). Da die Rezeption ab Mitternacht nicht besetzt ist, musste ich unsere Probleme und die Unmöglichkeit zu Schlafen beim Sicherheitsmann loswerden, der aber auch nix für uns tun konnte.
Blöderweise hatten wir schon am Abend vorher bezahlt (weil die Rezeption erst ab 8 Uhr besetzt ist und wir aber 7:30 zu unserem Bus los mussten). Bereits da hatten wir uns über zahlreiche andere Dinge beschwert. So hatten wir ja, wie bereits weiter oben geschrieben das wahrscheinlich blödeste Zimmer im ganzen Hostel. Hinzu kam ein Frühstück, welches man erst ab 9 Uhr (dafür aber bis 13 Uhr) einnehmen konnte (was sehr unpraktisch ist, wenn die Sonne 5 oder 6 Uhr aufgeht und 19 Uhr schon wieder unter). Zudem war das Frühstück miserabel. Je eine Käse- und eine Wurstscheibe, abgezählte 2 Fruchtstücken, Brötchen und Kuchen unbeschränkt, wobei es gar keinen Kuchen gab, entsprachen absolut nicht dem Standard, den wir in Brasilien bis dahin (auch in einfacheren Unterkunften) vorfanden. Am zweiten Tag musste ich sogar nach der Marmelade betteln. Wahrscheinlich sollte ich mein Brötchen trocken essen. Genannt wurde das Frühstück übrigens das beste kostenlose Frühstück in Rio (hmm, als hätten wir mit unseren Übernachtungskosten nicht auch das Frühstück mit gezahlt...). Naja aber nun genug zu dem extrem schlechten Hostel Mellow Yellow, welches ich keinem weiterempfehlen kann (die Beschwerdeliste könnte man noch beliebig fortsetzen).
Am morgen erwischten wir sogar noch jemanden vom Hostel und bekamen auch die Aussage, dass wir Geld zurück bekommen sollen (schließlich hatten wir kaum geschlafen in der letzten Nacht). Blöderweise ist der Typ clever gewesen und sofort darauf verschwunden, so dass wir ohne unsere Entschädigung zum Busbahnhof fuhren, um dort den Bus nach Itajubá zu nehmen.
Bis auf das Hostel war Rio de Janeiro aber auf alle Fälle lohnenswert und auch von der hohen Kriminalität bekamen wir glücklicherweise nicht viel mit. Natürlich sieht man überall an den Berghängen die Favelas, aber das war es dann aber auch schon. Sonst ist Rio doch sehr europäisch angehaucht und vergleichbar mit Weltstädten wie London, nur um ein vielfaches schöner (aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten) und vom Gefühl auch sauberer als der Rest Brasiliens.
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