Freitag, 19. Dezember 2008

Die Hauptstadt Brasília

Nach abwechslungsreichen naturgeprägten Tagen schlug es uns in die Hauptstadt Brasiliens. Brasília ist eine klassische Retortenstadt, welche erst in den Jahren 1957 bis 1960 erbaut wurde. Geprägt ist sie insbesondere durch den Architekt Oscar Niemeyer, welcher die Flugzeugform und auch viele der Gebäude entwarf.
Bereits 1877 wurde in der Verfassung festgelegt, dass auf dem heutigen Gebiet Brasílias - im Herzen Brasiliens - die künftige Hauptstadt zu errichten sei. Aber erst der Präsident Juscelino Kubitschek, welchem unzählige Gebäude und Denkmäler gewidmet sind, setzte die Stadt in die Realität um.

Blick auf Brasília im Anflug

Unser Flug nach Brasília zeigte uns einmal mehr, wie anders doch Brasilien ist. Da wir trotz reserviertem Platz freie Sitzplatzwahl im Flieger hatten, setzten wir uns aufgrund der größeren Beinfreiheit an die Notausgänge. Dort durften wir feststellen, dass wir eigentlich völlig ungeeignet für diese Plätze waren. Besondere Sicherheitskarten informierten uns über die Anforderungen für "Am Notausgang Sitzende". So mussten wir zum einen in guter körperlicher Verfassung sein, ohne Sehhilfen gut sehen können, den Anweisungen der Crew folgen und den anderen Passagieren laute und klare Anweisungen geben. Abgesehen davon, dass ich bei der Sehtauglichkeit schon einmal gescheitert wäre, hätte wahrscheinlich auch kaum ein Gast unsere englischen Anweisungen verstanden. Wir blieben dennoch am Notausgang sitzen und hofften, dass dieser auf diesem Flug nicht benutzt werden sollte. Was dann auch der Fall war. Glück gehabt...

das Flugzeug Brasília (Stadtplanung)
Wikipedia-Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Mapa_bras%C3%ADlia_pc000279.jpg


Sich in Brasília zurecht zu finden, ist relativ einfach, da alle Straßen durchnummeriert und mit Himmelsrichtungen versehen sind. Wir machten uns als erstes vom Flughafen (dem aeroporto internacional de Brasília Juscelino Kubitschek) aus auf die Suche nach einer Unterkunft. Im Lonely Planet (dem eindeutig besten Brasilien-Reiseführer, unserer Dumont hatte fast nur falsche Informationen) hatten wir uns bereits zwei Pensionen rausgesucht, welche wir auch sofort ansteuerten, aber nicht auf Anhieb fanden. Zwei nette Damen wollten uns behilflich sein, und lockten uns mit der Aussage, die beiden von uns Gesuchten seien leider zu, in ihre Pension (da gab es auch etliche Zimmer, aber nirgendswo ein Zeichen, dass es sich um eine Pension handelt). Aufgrund eines unguten Gefühls, verabschiedeten wir uns vorerst von den Damen und versuchten erst einmal die anderen Pensionen zu finden. Erstere hatte tatsächlich zu (auch hier kein Zeichen, dass sich hinter dem Haus eine Pension verstecken könnte). Bei der zweiten Pension - Cury's Solar - hatten wir mehr Glück und uns öffnete eine beleibte, dunkelhäutige und nette Dame mit Schnurbart die Tür. Wir entschlossen uns dann dort die Nacht zu verbringen und darauf zu vertrauen, dass der Lonely Planet-Reiseführer keinen Mist geschrieben hat, denn auch hier haben wir nicht annähernd eine Information gefunden, dass es sich um eine Pension handelt.

die Mittelachse vom Fernsehturm aus

Wir machten anschließend noch einen abendlichen Spaziergang zur Mittelachse des "Flugzeugs". Dort wurde aber mit Steinen geschossen (ein Mann legte sich scheinbar mit 3 anderen Männern an) und ehe sie die Pistolen zücken konnten, sind wir lieber wieder zurück ins Shopping-Center geflitzt und haben dort zu Abend gegessen.

Christian vor einem modernen Museumsbau

Am nächsten Morgen machten wir uns zunächst zum Busbahnhof auf, um unsere Tickets in die Chapada Diamantina zu kaufen. Nach ewigem Anstehen und mehreren Leuten, die sich vorgedrängelt haben, war leider nur noch ein Platz im gewünschten Bus übrig - eindeutig zu wenig für zwei Personen. Eine weitere Nacht in Brasília wollten wir aber definitiv nicht bleiben, da dass auch unsere komplette Planung über den Haufen geworfen hätte. Eine andere Busgesellschaft bot noch Fahrten in die gewünschte Stadt an, aber leider war der Schalter die ganze Zeit unbesetzt. Nach ewigem Rumfragen und von Schalter zu Schalter zu rennen, ohne eine Lösung zu finden, war ich ziemlich verzweifelt.
Aber wenn die Not am größten ist, fährt Christian plötzlich zu Höchstform auf und organisierte mit Hilfe eines englischsprechenden Brasilianers eine "Super"-Emtram-Busfahrt nach Seabra (Emtram ist die Busgesellschaft, welche ihr euch für weitere Ausführungen schon mal merken könnt).

Catedral Metropolitana de Brasília mit Glockenturm

Nun konnte das Abenteuer Brasília endlich richtig losgehen.
Zunächst verschafften wir uns vom kostenlosen Fernsehturm, welcher genau auf der Mittelachse steht, einen Überblick. Anschließend schauten wir uns einige kulturelle Gebäude von außen an, u.a. das Nationaltheater (teatro nacional Cláudio Santoro), einen futuristischen Museumsbau und die Hauptkirche Brasílias (Catedral Metropolitana de Brasília), welche leider wegen Reinigungsarbeiten gerade an dem Tag geschlossen war.
Anschließend drangen wir in das Regierungsviertel - das Cockpit des Flugzeuges Brasília - vor. Zunächst ging es an 17 baugleichen Ministerien vorbei, anschließend am Außenministerium und dem Justizministerium.

ich mit der Flagge meines Bundesstaates
Minas Gerais (im Nationalkongress)

Den Nationalkongress - Congresso Nacional - schauten wir uns in einer kostenlosen Führung an und konnten sowohl den Debatten des Senats als auch denen des Abgeordnetenhauses lauschen. Im Senat blieben wir eine Weile sitzen und hörten einem älteren Herren zu, welcher sehr gut mit der Stimme spielte und ständige neue Redezeit bekam. Viel verstanden haben wir nicht, nur dass ständig von Amerika und Barack Obama die Rede war (mein Praktikumsbetreuer meinte später zu uns: Brasilien hat keine Sorgen, deshalb redet es über die anderer ;-) ). Im Senat sprach mich dann noch ein Herr im Anzug an, ob ich die Rede gut fand und ich erklärte ihm dann in portugiesisch, dass wir keine Brasilianer sind und nicht viel verstanden haben. Das regte ihn an, weit auszuholen und mir über den Redner zu erzählen (er muss wohl sehr bekannt sein und schon lange im Senat sitzen und viel Einfluss haben, ...).
Aus dem Nationalkongress durften wir zudem noch zwei kostenlose Postkarten schreiben, da in wenigen Tagen der Nationalflaggen-Tag war. Eine ging an meine Republica (WG) in Itajubá und die andere an uns selbst nach Dresden. Man gönnt sich ja sonst nix...

Congresso Nacional

Als nächstes schauten wir uns den Platz der drei Gewalten an (Praca dos Três Poderes), welcher neben dem Nationalkongress - der Legislative - die zwei weiteren Staatsgewalten versammelt. Den Sitz der Exekutive - den Regierungspalast (Palácio do Planalto) konnten wir uns lediglich von außen anschauen. Im Sitz der Judikative - dem Obersten Gerichtshof (Supremo Tribunal Federal) schauten wir uns eine kleine Ausstellung an. Auf dem Platz der drei Gewalten befindet sich zudem die mit 20 x 14,3 m größte Staatsflagge der Welt, welche auf einem 150 m hohen Fahnenmast befestigt ist.

die größte Staatsflagge der Welt

Und dann war der Brasília-Tag mit vielen Regierungsgebäuden, moderner Architektur, vielen Behinderten (seltsamerweise haben wir wirklich sehr viele gesehen), den verzweifelten Versuchen vierspurige Straßen (in eine Richtung) ohne Ampeln zu überqueren (die Fußgänger hatte man in der Stadtplanung scheinbar vergessen) auch schon wieder vorbei.