Mittwoch, 24. Dezember 2008

Itajubá und zurück nach Deutschland

Für einen allerletzten Tag ging es für mich, diesmal zusammen mit Christian, zurück nach Itajubá, um mich zu verabschieden und zudem mein Gepäck zu holen.

Herzlichst wurden wir in meiner WG von Fernanda und Ana empfangen. Die anderen waren leider gerade in der Uni bzw. arbeiten. Nach kurzen Urlaubsberichten gingen Christian und ich in Itajubá spazieren, besuchten meine Sprachschule und aßen Açai. Außerdem zeigte ich ihm mein Büro und stellte die Arbeitskollegen vor.

die Bergwelt zwischen Rio de Janeiro und Itajubá

Danach fuhren wir mit dem Bus in meinen Club (Clube Itajubense), wo wir freundlicherweise vom Pförtner reingelassen wurden (ich hatte ja für diesen Monat keinen Vereinsbeitrag mehr gezahlt, aber mein Trainer wusste bescheid und hatte das mit dem Pförtner geklärt). Wir schwammen also eine Stunde bei meinem Club (einer der Schwimmer stellte dabei fest, dass ich mittlerweile mit gebräunter Haut doch schon glatt als Brasilianerin durchgehen könnte). Leider war zum Training nur der Ersatz- und primär Kindertrainer da, so dass das Training nicht gerade besonders lustig und schon gar nicht sinnvoll war. Rodrigo mein eigentlicher Trainer kam aber nach der Trainingszeit noch vorbei (er hatte vorher leider andersweitig einen Termin), um mir Tschüss zu sagen und uns zurück nach Itajubá zu fahren. Und selbst mit Christian schien er gut mit Händen und Füßen zu kommunizieren. Ich hab mich jedenfalls gefreut ihn noch ein letztes Mal gesehen zu haben, schließlich war er ein echt kompetenter, lustiger und sehr netter Trainer.

Itajubá bei Nacht

Von meinem Praktikumsbetreuer Jonas bekam Christian eine 1a-Nachtfahrt durch Itajubá geboten, wo wir ihm alles Sehenswerte (davon gibt es eigentlich kaum etwas, trotzdem schien die Fahrt kein Ende zu nehmen) zeigten. Mit Gisela, Marcelo, Jonas und ein paar Freunden von Jonas gingen wir dann noch in einem guten Restaurant mit Live-Musik essen und ließen meinen letzten Abend in Itajubá gemütlich ausklingen.

Am nächsten Mittag war leider auch die Zeit gekommen uns von Itajubá zu verabschieden. Am Busbahnhof kauften wir uns noch eine Hängematte, um ein wenig Brasilien-Feeling mit nach Deutschland zu nehmen. Mit dem Bus ging es in einer 5-Stunden-Fahrt nach São Paulo (eigentlich sollten es ja nur 4 sein, aber wir standen in São Paulo Ewigkeiten im Stau). Am Busbahnhof wollten wir dann einen Bus zum Flughafen nehmen. Mittlerweile wurde die Zeit schon ziemlich knapp, da wir nicht damit gerechnet hatten, so lange im Stau zu stehen. Natürlich kam dann auch der Flughafenbus 20 Minuten verspätet, so dass ich schon in extreme Panikzustände verfiel, dass wir unseren Flieger nach Deutschland verpassen. Wir hatten zwar bereits Online von Itajubá aus eingechecked, mussten aber spätestens eine Stunde vor Abflug (also 19:10) unser Gepäck aufgeben. Nach einer erneut vom Stau geprägten Fahrt kamen wir kurz vor 19 Uhr am Flughafen an, also gerade noch rechtzeitig. Puh, waren wir erleichtert.

die Bergwelt zwischen Itajubá und São Paulo

Da uns das Personal an der Gepäckannahme gesagt hatte, dass wir rennen sollten, bewegten wir uns in Rekordgeschwindigkeit zum Gate. Die Frage bei der Passkontrolle, ob ich nach Brasilien zurückkommen werde, beantwortete ich ziemlich irritiert mit "Ja, irgendwann natürlich" (wie ich dann feststellte, wollte sie eigentlich nur wissen, ob ich innerhalb meiner Visa-Gültigkeit zurückkommen werde). Am Gate angekommen wurden wir komisch angeguckt, als wir sagten, dass wir noch zu der Maschine nach Frankfurt gehören - es war nämlich noch längst kein Boarding. Scherzbolde sind das an der Gepäckannahme. Das Boarding ging dann einige Minuten später los, lief aber mehr als schleppend voran und wurde dann pünktlich zum eigentlichen Start der Maschine 20:10 wegen eines technischen Defektes an einer Armatur abgebrochen. Da hatten wir uns nun also so beeilt und letztendlich sind wir 2,5 Stunden später losgeflogen... (wovon wir übrigens 1,5 Stunden angeschnallt im Flieger rumsitzen durften). In der Wartezeit zerstörte ich noch erfolgreich mein Handy - eigentlich wollte ich nur Christians Eltern, die uns in Frankfurt vom Flughafen abholen wollten, über die Verspätung informieren (nachdem wir pünktlich zum Boardingbeginn geschrieben hatten, dass alles planmäßig verläuft). Hmm, aber mein Handy meinte darauf, dass es keinen Bock auf das kalte Deutschland hat und hat noch einmal ein letztes Lebenszeichen in Form einer hellen Linien von sich gegeben, um danach endgültig seinen Geist aufzugeben.

die größte brasilianische Kirche in Aparecida
(unser Bus fuhr dort lang)

Nach über 11 Stunden Flug sind wir wieder sicher in Frankfurt gelandet und wurden auch freudig empfangen. Wir blieben dann noch einen Tag in der Nähe von Frankfurt bei Christians Schwester bevor wir am 30.11. wieder nach Dresden fuhren.

Mit diesem letzten Eintrag möchte ich nun auch meinen Brasilien-Blog abschließen. Die 111 Tage in Brasilien (in Portugiesisch: 111 dias no Brasil) waren auf alle Fälle ein wunderschönes Erlebnis, welches ich nicht missen möchte. Ich kann jedem nur empfehlen in seinem Leben einmal nach Brasilien zu reisen. Ihr werdet dort eine wunderschöne Natur vorfinden, unheimlich gastfreundliche Menschen und eine sehr positive Lebenseinstellung.

In diesem Sinne: Feliz natal! (Frohe Weihnachten!)

Dienstag, 23. Dezember 2008

Rio de Janeiro

Die Cidade maravilhosa - die wunderbare Stadt, wie sie die Einwohner nennen - begrüßte uns zunächst erst einmal von ihrer schlechten Seite. Zum einen haben wir aufgrund des totalen Verkehrschaos vom Flughafen zum Hostel 2 Stunden gebraucht, zum anderen war die Klimaanlage des Busses auf gefühlte Minusgrade eingestellt, so dass ich mörderisch gefroren habe. In Rio de Janeiro regnete es derweil bei kalten 18 Grad. Bisher hatten wir auf unserer Reise nur Glück mit dem Wetter gehabt. Die 2,5 Rio-Tage sollten eher durchwachsen werden.

alles Sehenswerte auf einem Blick

Wir hatten bereits vorher ein Hostel an der Copacabana reserviert. Diesmal war unser Zimmer auch nicht durch jemand anderen belegt - welch ein Wunder. Dafür stellte sich das Hostel (Mellow Yellow) als totaler Fehlgriff heraus, aber dazu später mehr...

Zentrum von Rio: alt & neu
ganz nah beieinander

Aufgrund des regnerischen und kalten Wetters machten wir am ersten Abend nur eine kleine Erkundungstour um unseren Block. Dafür beteiligten wir uns am Abend an einem Quiz im Hostel, wo wir versuchten mit zwei Franzosen und einem Polen den ersten Platz zu belegen und damit einen Satz T-Shirt zu gewinnen. Da die Fragen sehr britisch zugeschnitten waren, hatten wir mit unserer Teamzusammensetzung leider (trotz Mogelns) keine Chance auf den Gewinn. In der ersten Nacht im Hostel durften wir dann auch die tolle Lage unseres Zimmers feststellen: alle, die das Hostel verlassen wollten bzw. wieder nach Hause kamen, mussten bei uns vorbei. Aufgrund der Party-Süchtigen und Facebook-fanatischen Backpacker (ich glaube von den Sehenswürdigkeiten in Rio haben sie nicht wirklich etwas gesehen) sind wir daher ständig aufgewacht, besonders als 4:30 die Bar im Hostel zumachte und alle in irgendeinen Club weiterzogen.

Teatro Municipal

Wegen des mittelmäßigen Wetters besuchten wir am nächsten Tag zunächst das historische Zentrum. Neben einem Kloster und einigen Kirchen bekamen wir hier viele historische Gebäude und Hochhäuser zu sehen - also alt und neu auf einem Fleck. Das Teatro Municipal - das städtische Theater - haben wir während einer Führung von Innen bewundern können. Im Moment befindet es sich aber gerade in der Restaurierung (welche im Juli 2009 pünktlich zum 100. Geburtstags des Theater beendet sein soll), so dass noch nicht wieder alles im alten Glanz erstrahlte. Beeindruckend war auch das Real Gabinete Português de Leitura - eine wunderschöne Bibliothek mit zahlreichen bis zu 500 Jahre alten (zum größten Teil portugiesischen) Büchern.

Real Gabinete Português de Leitura

Mit der Bonde - einer alten Straßenbahn - sind wir auf den letzten Überresten des einst 400 km langen Schienennetzes von Rio vom Zentrum in das Künstlerviertel Santa Teresa gefahren, von wo man einen schönen Blick auf das Zentrum von Rio de Janeiro hat. Die Fahrt kostete lediglich 0,60 Real, fährt man aber als Trittbrettfahrer (an der Seite auf den Trittbrettern stehend) mit, so ist die Fahrt sogar kostenlos. Wir zahlten lieber und machten es uns auf den Sitzbänken gemütlich, hatten wir doch bereits vorher von der gefährlich engen Überfahrt über das frühere Aquädukt Arcos da Lapa gehört. Die Schulkinder von Santa Teresa hingegen gönnten sich (und uns) den Spaß und fuhren auf den Trittbrettern mit und vollführten Kunststücke oder rannten neben der Bahn her, um letztendlich in einem Fotoalbum in Europa oder Amerika zu landen (oder halt in meinem Blog ;-) ).

Trittbrettfahrer

Christian ließ es sich trotz Schmuddelwetters nicht entgehen am Abend an der Copacabana im extrem kalten und total welligen Atlantik baden zu gehen (vermutlich herrschte gerade eine komische Strömung vor, schließlich ließen die Temperaturen eher an die Ostsee als an Brasilien erinnern). Lange hielt er es allerdings nicht aus. Von der Copacabana aus erspähten wir auch zum ersten Mal die Christus-Statue, welche uns aufgrund der vielen Wolken den ganzen Tag über verborgen geblieben war.

Copacabana zur Abenddämmerung

Am nächsten Morgen fuhren wir zum Zuckerhut. Mit der überteuerten Seilbahn ging es zunächst zur Mittelstation, wo wir neben kleinen Affen einen wunderschönen Blick auf Rio de Janeiro hatten. Hier konnte wir außerdem die alten Gondeln, welche unter anderem aus dem James-Bond-Film "Moonraker - Streng geheim" bekannt sind, anschauen. Auch die Christus-Statue war gnädig und schob für kurze Zeit die Wolken zur Seite, so dass wir einen Blick auf die riesige Statue auf dem 704 m hohen Corcovado werfen konnten.

Christian auf dem Zuckerhut (links der
Corcovado mit der Christus-Statue)

Mit einer weiteren Gondel konnten wir schließlich auf den Zuckerhut hinauffahren. Aus 394 m Höhe hat man einen fantastischen Blick auf die in Berge und viel Grün eingebettete Küstenstadt Rio de Janeiro mit ihren kilometerlangen Stränden.

ich vor dem Zuckerhut (Mittelstation)

Als nächstes ging es nach Ipanema, wo wir am Strand wieder Sand einsammelten und die endlich herausgekommene Sonne genossen. Da wir leider keine Badesachen mit hatten fuhren wir zurück zu unserem Hostel und gingen dann an der Copacabana baden (das Wasser war immer noch verdammt kalt, aber mit der prallen Sonne war es auszuhalten).

Praia de Ipanema

Nachmittags trafen wir uns mit einem Stipendiaten der Stiftung der deutschen Wirtschaft am Forte de Copacabana. Er macht gerade ein Auslandssemester in Rio. Da wir leider nicht mehr viel Zeit hatten, schauten wir das Fort nur etwas halbherzig an und nahmen dann ein Taxi zum Fuße des Corcovado (von wo aus man mit einer Zahnradbahn zur Christus-Statue hinauffahren kann). Leider dauerte die Taxi-Fahrt länger als erwartet (der typische Feierabendstau - das ist der zwischen dem Nachmittags- und dem Nachtstau ;-) ), so dass wir leider erst nach Betriebsschluss der Seilbahn an der Talstation ankamen (laut unserem mit zahlreichen Fehlern behafteten Reiseführer wäre sie noch gefahren). Ein Guide bot uns an mit einem Van die Straße zur Christus-Statue zu fahren. Da diese aber, wie sollte es bei bedecktem Himmel auch anders sein, natürlich in Wolken eingehüllt war und uns andere Touristen sagten, dass zudem der Zugang zur Statue geschlossen ist, verzichteten wir auf diese Möglichkeit. Es kann halt doch nicht alles klappen auf so einer Reise. Aber das Wetter lässt sich halt nun mal nicht ändern.

Forte de Copacabana

Die letzte Nacht im Hostel wurde zur schrecklichsten Nacht in Brasilien überhaupt. Neben unserem Zimmer befand sich scheinbar der Warmwasserboiler. Durch einen offensichtlichen Defekt, heizte der Boiler die ganze Nacht über das Wasser auf (normalerweise sollte er das nur morgens machen), was sich für uns anhörte als würde jemand direkt neben unserem Bett Wasser kochen. Unser Hinweis auf das Problem wurde von der Rezeption abgeschmettert mit der Aussage, dass halt gerade viele duschen (wir haben mal nachgeschaut, eine Person duschte gerade). Da die Rezeption ab Mitternacht nicht besetzt ist, musste ich unsere Probleme und die Unmöglichkeit zu Schlafen beim Sicherheitsmann loswerden, der aber auch nix für uns tun konnte.

Christian ist zu groß für unser Zimmer

Blöderweise hatten wir schon am Abend vorher bezahlt (weil die Rezeption erst ab 8 Uhr besetzt ist und wir aber 7:30 zu unserem Bus los mussten). Bereits da hatten wir uns über zahlreiche andere Dinge beschwert. So hatten wir ja, wie bereits weiter oben geschrieben das wahrscheinlich blödeste Zimmer im ganzen Hostel. Hinzu kam ein Frühstück, welches man erst ab 9 Uhr (dafür aber bis 13 Uhr) einnehmen konnte (was sehr unpraktisch ist, wenn die Sonne 5 oder 6 Uhr aufgeht und 19 Uhr schon wieder unter). Zudem war das Frühstück miserabel. Je eine Käse- und eine Wurstscheibe, abgezählte 2 Fruchtstücken, Brötchen und Kuchen unbeschränkt, wobei es gar keinen Kuchen gab, entsprachen absolut nicht dem Standard, den wir in Brasilien bis dahin (auch in einfacheren Unterkunften) vorfanden. Am zweiten Tag musste ich sogar nach der Marmelade betteln. Wahrscheinlich sollte ich mein Brötchen trocken essen. Genannt wurde das Frühstück übrigens das beste kostenlose Frühstück in Rio (hmm, als hätten wir mit unseren Übernachtungskosten nicht auch das Frühstück mit gezahlt...). Naja aber nun genug zu dem extrem schlechten Hostel Mellow Yellow, welches ich keinem weiterempfehlen kann (die Beschwerdeliste könnte man noch beliebig fortsetzen).

Am morgen erwischten wir sogar noch jemanden vom Hostel und bekamen auch die Aussage, dass wir Geld zurück bekommen sollen (schließlich hatten wir kaum geschlafen in der letzten Nacht). Blöderweise ist der Typ clever gewesen und sofort darauf verschwunden, so dass wir ohne unsere Entschädigung zum Busbahnhof fuhren, um dort den Bus nach Itajubá zu nehmen.

die Copacabana vom Zuckerhut aus gesehen

Bis auf das Hostel war Rio de Janeiro aber auf alle Fälle lohnenswert und auch von der hohen Kriminalität bekamen wir glücklicherweise nicht viel mit. Natürlich sieht man überall an den Berghängen die Favelas, aber das war es dann aber auch schon. Sonst ist Rio doch sehr europäisch angehaucht und vergleichbar mit Weltstädten wie London, nur um ein vielfaches schöner (aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten) und vom Gefühl auch sauberer als der Rest Brasiliens.

Am frühen Nachmittag kamen wir nach der 60 km langen Schifffahrt in Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia (ein stark von afrikanischen Einwanderern geprägter Bundesstaat) und der ehemaligen Hauptstadt Brasiliens an.

Salvador vom Katamaran aus (mit Bahia-Flagge)

Mit dem weltbekannten Elevador Lacerda, einem Aufzug, der die Ober- und Unterstadt miteinander verbindet, fuhren wir hinauf in das "Kulturerbe der Menschheit" - die historische Altstadt. Am Fuße des Fahrstuhles wurden wir noch von einer uns unbekannten Brasilianerin fotografiert. Entweder sehen wir seltsam aus, sind unbewusst zu einer Berühmtheit aufgestiegen oder Christian ist einfach mal zu groß für Brasilien (wir tippen auf Letzteres). Durch die Altstadt ging es zunächst flinken Fußes (wir hatten sehr viele schlechte Dinge über die Kriminalität in Salvador gehört) zu unserem gebuchten Hostel. Leider hatten wir dort wieder einmal ein Zimmer vorreserviert. Folglich war es natürlich noch belegt und konnte nicht für uns geräumt werden. Der vorherige Gast wollte wohl nicht raus und die Polizei meinte zum Besitzer nur, so lange er zahlt, kann man ihn nicht rausschmeißen. Tolle Regeln. Wir wurden deshalb in ein anderes Hostel vom gleichen Besitzer verfrachtet und haben noch einen Sonderrabatt bekommen. Immerhin...

Elevador Lacerda - der bekannte Aufzug

Salvador begrüßte uns klassisch mit ganz viel Musik - Samba, rhythmische Trommelmusik und brasilianischer Axé (eine Musikrichtung, die ihren Ursprung in Salvador hat). Fast an jeder Straßenecke spielte eine kleine Band oder trommelte einer. Ein sehr schönes Ambiente. Wir schauten uns derweil die historische Altstadt Pelourinho mit ihren zahlreichen Kirchen (man sagt Salvador hat für jeden Tag des Jahres eine Kirche), engen Gassen und belebten Plätzen an. Auch mit dem Fahrstuhl fuhren wir noch einmal runter und wieder hoch, kostete doch eine Fahrt gerade mal 0,05 Real (nicht einmal 2 Cent) - also eigentlich nix.

eine der vielen Kirchen

Besonders auffallend war die Nähe des Schönen und Hässlichen und des Reichen und Armen hier in Salvador zu sehen. Die Altstadt wurde seit 1992 kräftig restauriert (wenn auch nicht sehr nachhaltig, so dass fast jedes Jahr die Gebäudeanstriche erneuert werden müssen). Aber schaut man auf die Unterstadt, kann man in die Gebäude rein schauen, weil die Dächer fehlen. Außerdem sieht man viel Dreck, viele Bettler und arme Leute. Mit der Kriminalität kamen wir zum Glück auch hier, wie überall in Brasilien, nicht in Kontakt. Dennoch hatte man ein klein wenig Angst, hatte man doch selbst von den Einheimischen so viele schlechte Geschichten gehört.
Aber eigentlich präsentierte sich Salvador von seiner lebensfrohen Seite. Die Leute sangen, tanzten und lachten auf der Straße. Besonders schön anzusehen, waren die Frauen in ihren traditionellen Kleidern.

eine tanzende Frau im traditionellen Kleid

Auf dem Hauptplatz der Stadt - dem Largo do Pelourinho - spielte am späten Nachmittag die sehr bekannte Band Olodum. Das wussten wir aber zu diesem Zeitpunkt nicht. Mit lautstarker Trommelmusik und Gesängen verwandelten sie die Altstadt zu einer musikalischen Bühne. Auch wir lauschten einige Zeit dem kostenlosen Konzert.

noch eine der vielen Kirche am Largo do Pelourinho

Den Abend verbrachten wir gleich bei unserem Hostel (Nachts sollte man ja nicht unbedingt durch die engen Gassen wandern) in einem Restaurant. Als ein Clown mit CDs der Band Olodum vorbei kam, kauften wir natürlich sofort eine (das ist Christians Weihnachtsgeschenk, psst! :-) ). Erst danach lasen wir im Reiseführer, dass die Band weltberühmt ist und schon mit Paul Simon (das ist der Simon von Simon & Garfunkel) ein Riesenkonzert im Central Park in New York gegeben hat und auf zahlreichen Welttourneen war.

die weltbekannte Band Olodum

Am nächsten Morgen mussten wir zeitig raus. Der Flieger nach Rio de Janeiro ging zwar erst 10:50, aber der Flughafen in Salvador liegt doch weit außerhalb und der Bus fährt dementsprechend ein Weilchen dahin. Nach einigen Umwegen und einem persönlichen Penner-Berater, welchem wir als Dankeschön 2 Reais geschenkt haben (er war dann noch so dreist und hat gleich nach weiteren 2 Reais gebettelt, obwohl er uns vorher weiß machen wollte, dass er uns doch eigentlich nur aus Nächstenliebe helfe), fanden wir auch den richtigen Bus, in welchem wir der Gitarrenmusik und dem Gesang eines Mitfahrers lauschen konnten und schließlich sicher und pünktlich am Flughafen ankamen.

Montag, 22. Dezember 2008

Strandtage auf der Ilha de Tinharé

Von Lençois aus fuhren wir mit dem Bus nach Feira de Santana, was etwas 100 km von Salvador entfernt im Landesinneren liegt. Ursprünglich wollten wir direkt nach Salvador fahren und von dort das teure Schnellboot auf die Ilha de Tinharé nach Morro de São Paulo nehmen. Aber da so eine Rundreise im allgemeinen ja auch nicht billig ist (auch wenn man eingestehen muss, dass das Preisniveau doch deutlich unter europäischen Verhältnissen liegt), entschieden wir uns für die günstigere Variante, bis nach Valença zu fahren und von dort auf die Insel überzusetzen.

Morro de São Paulo und der Primeira Praia

Mitten in der Nacht, kurz nach 4:00 (obwohl der Fahrer eigentlich 4:30 gesagt hatte), kamen wir in Feira de Santana an. Glücklicherweise hatte ich bemerkt, dass der Bus durch eine Stadt kurvte und Christian bei Ankunft im Busbahnhof geweckt, sonst wären wir wahrscheinlich bis nach Salvador gefahren.
Unser Anschlussbus nach Valença ging erst 5:30, so dass wir den Morgen auf dem Busbahnhof verbrachten. Ich ließ mich von einem Mitarbeiter einer Busgesellschaft, welcher gerade Dienstschluss hatte und auf dem Weg nach Hause war, in ein Gespräch auf Portugiesisch verwickeln. Christian saß etwas teilnahmslos daneben und fragte ab und zu (sehr schläfrig) über wen und was wir uns denn so Schönes unterhielten.

Ausblick zwischen Morro de São Paulo und unserem Häusel

Für die nicht einmal 200 km lange Strecke benötigte der Bus, welcher auch an jeder erdenklichen Stelle anhielt, 4 Stunden. Neben uns im Bus saß eine junge Mutter mit zwei Kindern, welche sich ständig lautstark schreiend und quickend über etwas freuten. Am witzigsten fand ich den kleinen Jungen, der vielleicht 1,5 Jahre alt war (kann auch älter gewesen sein). Er fasste seiner Mutter immer an die Brust und zog das Top runter, da er gestillt werden wollte. Und ja die Mutter stillte das Kind noch, eine Sache, die man in Deutschland ja in diesem Alter eher selten sieht.
In Valença stiegen wir ein Stück vor dem Busbahnhof aus, weil wir mitbekommen hatten, dass man von dieser Stelle aus zum Hafen laufen konnte. Und genau das machten wir dann mit 3 Brasilianern zusammen, die auch in unserem Bus gesessen hatten und zufälligerweise das gleiche Ziel hatten.
Da wir ziemlich müde waren, entschieden wir uns für das Schnellboot, welches uns in 30 Minuten (statt 120 Minuten) auf die Insel brachte.

Blick von unserem Häusel aufs Meer

Ich hatte vor der Reise bereits ein kleines Häusel in unmittelbarer Nähe zum Strand reserviert (Projeto Tinharé). Am Hafen holte uns deshalb mit einiger Verspätung und einem Anruf meinerseits (gar nicht so einfach jemandem am Telefon in Portugiesisch klar zu machen, wo wir sind) Manuel ab. Dieser eröffnete uns sogleich, dass unsere gebuchte Casa Vermelha leider noch belegt sei (und man die Leute ja nicht einfach rausschmeißen könne), wir aber in einem anderen Haus unterkommen. Naja toll. Also reserviert (und bereits angezahlt) heißt in Brasilien also nicht gerade viel. Hier zählt: Wer zu erst da ist, mahlt zu erst...

unser Strand Ponta da Pedra

Anstatt in der Casa Vermelha kamen wir dann im Chalet unter, welches extra für uns noch fix zurecht gemacht wurde. Der Weg von Morro de São Paulo - dem Hauptort der Insel - zu unserem Häusel war nicht gerade einfach. Zum einen ist die Insel autofrei, zum anderen geht der Weg größtenteils am Meer entlang und ist sehr gezeitenabhängig. Mit unseren großen Rucksäcken und einer eher schlaflosen Nacht wanderten wir also Manuel über Sand, Stein und durchs Wasser hinterher.

Christian vor unserem Häusel "Chalet"

Unser Häusel war klein aber eindeutig ausreichend. Neben einem Bad und einem Schlafzimmer hatten wir eine kleine Küche und einen Balkon mit Hängematte (ideal zum relaxen und die Seele baumeln lassen). Nachdem wir uns ein wenig ausgeruht hatten, testeten wir sogleich unseren Strand, der fast direkt am Haus lag. Ein sehr erfrischendes Erlebnis.

Bevor wir uns auf den Weg in die "Stadt" machten, beobachteten wir noch ein wenig die Fledermäuse (angeblich essen sie nur die Mücken und nicht uns), die sich mit uns das Häusel teilten. Sie hingen an unserem Dach und flogen, einmal aufgeschreckt, panisch durch Türen und Fenster hindurch.

unserer Mitbewohner - die Fledermäuse

Von unserer Unterkunft brauchten wir ca. 20 Minuten am Strand entlang (teilweise wanderten wir aufgrund der Flut durchs Wasser) nach Morro de São Paulo. Ursprünglich war Morro de São Paulo ein kleines verschlafenes Fischerdorf (eines der Ältesten des Bundesstaates Bahia). Heute ist es bereits sehr touristisch geprägt und bietet mit zahlreichen Pensionen, Hotels und Restaurants für Jeden etwas. Wir wanderten zunächst über die Sandstraßen von Morro de São Paulo und schauten uns dann die ersten der bekannten Strände an. Der Einfachheit halber sind die Strände hier durchnummeriert (unser Strand am Haus hatte keine Nummer, sondern den schönen Namen Ponta da Pedra). Der erste Strand (Primeira Praia) ist ein relativ kleiner Ortsstrand. Anschließend folgt mit dem zweiten Strand (Segunda Praia) der Partystrand. Im weiteren Verlauf schließen sich dann noch der dritte (Terceira Praia), vierte (Quarta Praia) und fünfte Strand (Quinta Praia) an.

Christian beim Strandspaziergang

Wir begnügten uns zunächst mit den ersten zwei Stränden und besuchten abends eines der vielen Restaurants. Der Rückweg zum Häusel gestaltete sich, trotz Taschenlampe, im Dunkeln und bei einsetzender Flut als schwierig. Nach einigen Umwegen und Passagen durch den Wald haben wir unser Haus dann doch noch gefunden und waren, nachdem es mittlerweile auch zu regnen angefangen hatte, sehr glücklich darüber.

relaxen

Der nächste Tag wurde ein wunderschön sonniger, aber nicht zu heißer Strandtag. Bevor wir uns in die Fluten stürzten, begutachteten wir die Strände von dem auf einem Hügel stehenden Leuchtturm aus. Hier hatte man auch die Möglichkeit sich über ein Seil ins Meer gleiten zu lassen, was wir aber nicht machten. Stattdessen kauften wir uns das passende Strandoutfit: ich einen neuen Bikini, Christian ein paar Brasilien-Flip-Flops und wir zusammen ein Brasilien-Strandtuch.

ich in meinem neuen Bikini

Zunächst badeten wir am zweiten Strand, was uns aber bald zu heiß wurde. Wir liefen deshalb weiter am dritten Strand entlang (einem bei Flut wirklich sehr schmalen Strand) bis zum vierten Strand, wo wir einige Zeit verbrachten. Das Wasser war hier extrem flach, der Strand dafür kilometerlang und sehr ruhig. Neben uns lagen zwei französische weibliche Krebse ;-) (zumindest die eine befand sich bereits auf dem besten Weg zum Hautkrebs, so rot war sie). Wie immer cremten wir uns kräftig ein und rückten zudem in den Schatten.

Quarta Praia

Zum Abendessen gab es ein von Donna Isabel zubereitetes traditionelles brasilianisches Menü - gebratenes Fleisch mit Zwiebeln, Bohnen und Reis. Das ganze kostete uns für zwei Personen gerade mal 14 Reais - also umgerechnet 5 Euro - ein echtes Schnäppchen.

das Abendessen der Donna

Am nächsten Tag war leider bereits unser Abreisetag gekommen. Wir gingen ein letztes Mal am Strand spazieren (diesmal in Richtung Gamboa), testeten halbherzig die Lehmabbruchstelle (wenn man darin badet und den Lehm trocknen lässt, soll man danach ganz weiche Haut bekommen), klauten ein wenig Sand (meine Mutti sammelt doch Sand von überall) und ließen unsere Tierabenteuer Revue passieren. Neben den Fledermäusen hatten wir auch einen kleinen Frosch (welcher sich nach dem Wandklettern in eine meiner Tüten mit meiner Kleidung verkrochen hatte), Riesengrillen (die auch entsprechenden Lärm machten und einmal Christian auf den Kopf sprangen) und eine Riesenkakerlake im Haus. Am Strand schienen die Steine zu leben. Immer wenn man sie passierte, rannten auf einmal unzählige Assel-ähnliche Tierchen auf dem Stein umher und flüchteten in die dunklen Ecken. Außerdem gab es sehr viele Krebse zu sehen. Absolutes Highlight für uns war aber der gestrandete Kugelfisch. Danach bin ich nur noch einmal, etwas zögerlich baden gegangen ...

der gestrandete Kugelfisch

Aber trotz der Tier eine echt tolle Insel, wo man ein paar wunderschöne, relaxte Tage verbringen kann (und wem eine simple Hütte zu einfach ist, der hat die Wahl zwischen zahlreichen Hotels der oberen Klasse). Aber für uns war der 2,5-tägige Ausflug auf die Ilha de Tinharé erst einmal zu Ende.
Von unserer Hütte aus ging es wieder am Strand entlang zum Hafen, wo wir 11:30 das teure und für das Hervorrufen von Seekrankheit berühmte Schnellboot (60 Reais pro Person) nach Salvador nahmen. Viele gefüllte Kotztüten (nicht von uns) auf der 2-Stunden-Fahrt straften alle Zweifler Lügen. Der Katamaran und das Meer hatten ganze Arbeit verrichtet...

Samstag, 20. Dezember 2008

Chapada Diamantina

Mit der längsten Busfahrt in Brasilien ging es in 16 Stunden von Brasília nach Seabra. Die Busfahrt führte uns unter anderem mehrer Stunden über Schotterpisten (ja ihr hört recht, der Reisebus fährt nicht nur auf Asphaltstraße), an total verdörrter Landschaft und 14 toten Kühen vorbei.
Die Busfahrt war nicht nur die Längste, sondern auch die Schlechteste. So wachte Christian nachts mit einem nassen T-Shirt auf, weil es durch die Lüftungsanlage reinregnete und außerdem hielt dazu noch andauernd der Bus an irgendeiner selbsternannten Bushaltestelle an. Aber wenigstens hatten wir überhaupt einen Bus bekommen (ich erinnere an den komplizierten Ticketkauf) - ja Christian ich danke dir ganz dolle dafür, trotz der miserablen Fahrt ...

das alte Diamantensucherstädtchen Lençois

In Seabra wollten wir eigentlich gar nicht bleiben, sondern in das ca. 1 Stunde entfernte Lençois - das Tor zur Chapada Diamantina - weiterreisen. Ein selbsternannter Taxifahrer kam uns da gerade recht und brachte uns für 75 Reais (wir hatten den Preis immerhin um 5 Reais herunter gehandelt) nach Lençois. Auch dort mussten wir nicht lange überlegen, wo wir hin gehen, denn João - ein Touri-Guide - bändelte sofort mit Christian an. Die Unterkunft Pousada Corona de Pedra gefiel uns, also blieben wir.

der fast ausgetrocknete Fluss bei Lençois

Gleich am ersten Nachmittag sollten wir den ersten Eindruck von der Chapada Diamantina - einem Nationalpark mit Canyons, Höhlen und Wasserfällen - bekommen. Mit João machten wir eine kleine Wanderung durch ein relativ ausgetrocknetes Flussbett zu Wasserfällen, die kaum Wasser führten (es hatte seit 6 Monaten nicht wirklich geregnet und überall gab es Waldbrände) und schauten uns die Sandsteinformationen an. Wie sich herausstellte war João noch recht neu in dem Touristengewerbe und war auch sonst noch grün hinter den Ohren. So machte er gern einen auf Gangster und hörte laut Musik über sein Handy (wobei er die bevorzugt englischen Texte kaum verstand und noch viel weniger nachsingen konnte) und erzählte uns von seinen Sauforgien. Viel über Natur, Land und Leute konnte und wollte er uns allerdings nicht erzählen.

Christian unterm Wasserfall Poço do Diabo

Am nächsten Tag machten wir eine Tagestour zu verschiedenen Naturschönheiten (diesmal mit einem anderen Guide und einem schwedischen Touristen). Zuerst ging es am Rio Mucugezinho (einem Fluss mit mehreren Wasserfällen) entlang zum Wasserfall Poço do Diabo, an welchem wir ein erfrischendes Bad nahmen (nach kurzem Zögern, sprangen wir dem Guide hinterher ins Wasser).

Blick vom Morro do Pai Inácio

Anschliessend ging es zunächst per Auto und dann zu Fuß auf das Wahrzeichen der Chapada Diamantina - den 1170 m hohen Berg Morro do Pai Inácio mit einer tollen Aussicht. Genauso wie an dem Wasserfall waren wir wieder die erste Gruppe auf dem Berg (es gab noch andere Guides, die die selbe Tour machten, aber zum Glück später als wir in Lençois losgefahren waren) und konnten den Blick in Ruhe genießen.

ich am Gipfelkreuz des Morro do Pai Inácio

Die Tour führte uns nach dieser kleinen Wanderung erneut zu einer Badestelle - an die Gruta da Pratinha, wo wir zwischen zahlreichen Minifischen schwimmen gingen. Der Fluss fließt kurz nach der Badestelle in eine Höhle, welche man aber nur tauchend erkunden kann (was wir leider nicht machen durften). Wir begnügten uns mit dem Blick auf das blau funkelnde Wasser und fuhren weiter zur Gruta da Lapa Doce. Hier wurden wir mit Helmen ausgestattet und von einem Einheimischen durch das Höhlenlabyrinth geführt. Zahlreiche Tropfsteine und interessante Felsformationen machten die Höhlenwanderung zu einem schönen Erlebnis. Besonders mulmig wurde es, als der Guide für 1 Minute das Licht löschte und uns die Stille und Dunkelheit hören und fühlen ließ.

Gruta da Pratinha

Den Abend verbrachten wir in dem schmucken Städtchen Lençois, wo wir brasilianischer Trommelmusik lauschten und dazu tanzende Mädchen bewunderten (sie übten täglichen für das große Fest am kommenden Tage) und den Abend in einer Bar ausklingen ließen.

Eingang der Gruta da Lapa Doce

An dem Abend kam auch der von den Einheimischen lang ersehnte Regen, so dass wir am nächsten Morgen nicht wie geplant eine Wanderung mit João machen konnten. João zog es vor sich überhaupt nicht mehr blicken zu lassen - ein "klasse" Guide.
Da unser Bus erst 23:30 in Lençois abfuhr, suchten wir auf eigene Faust nach Möglichkeiten auch einen letzten schönen Tag in der Chapada Diamantina zu verbringen. Neben Souvenireinkäufen besuchten wir also einige Touragenturen. Eine bot auch die Gruta do Lapão - die größte Quarzsteinhöhle Brasiliens (wie wir später bemerkten gibt es überhaupt nur zwei in Brasilien) - an, welche ich mir spontan in den Kopf gesetzt hatte. Nach einigem rumtelefonieren hatte die Agentur einen Guide aufgetrieben, welcher auch in der Lage ist die Höhle mit uns zu durchwandern (davon gibt es scheinbar nicht viele).

ein Sombrero in der Gruta da Lapa Doce

Der Guide war eindeutig der Beste von den Dreien, die wir bisher hatten, und lehrte uns viel über Flora und Fauna und die Menschen in der Gegend. Beispielsweise erzählte er uns zu allen wildwachsenden und sonderbar aussehenden Früchten eine kleine Geschichte und bot uns die essbaren auch zum Verzehr an. Christian hat ab und zu mal gekostet. Ich konnte der Versuchung widerstehen...
Er erzählte uns auch ausführlich vom früheren Diamantenabbau (deshalb auch der Name Chapada Diamantina) und dass sich noch zahlreiche Diamanten hier befinden. Er selbst war früher Diamantensucher, bekam aber nur 1% des Wertes, wenn er einen gefunden hatte. Dem Diamantenabbau gab man vor einiger Zeit zu Gunsten des Tourismus auf.

Christian kämpft sich durch die Gruta do Lapão

Auf einer flotten Wanderung (es wurde ja schließlich bald dunkel) machten wir uns zum Eingang der Höhle auf, welche gleich bei Lençois liegt. Die Höhle entstand durch einen unterirdischen Fluss, der das Gestein immer weiter aushöhlte und schließlich zu einem Einsturz führte. Deshalb ist die Höhle auch nicht gerade leicht zu begehen. Überall liegen Gesteinsplatten kreuz und quer herum und durch einen schmalen "Gang" kann man sich auf eine tiefere Ebene der Höhle (dort floss der Fluss nach dem teilweisen Einsturz weiter) begeben. Christian hatte anfangs auch ganz schön mit der Deckenhöhe zu kämpfen und die Aussage des Guides, dass in der Höhle schon mehrere verlustig gegangen sind, ließ uns nicht unbedingt wohler fühlen. Der Guide hat einmal eine Familie nach 2 Tagen in der stockfinsteren Höhle rausgeholt. Der Mann der Familie, er war derjenige der die Höhle besuchen wollte, hatte den Ausgang nicht mehr gefunden und irgendwann ging auch ihr Licht aus. Der Guide hat uns erzählt, dass die Frau sich sofort nach Befreiung aus der Höhle von ihrem Ehemann getrennt hat.

an der Stelle sind wir gerade von der oberen Ebene
in die untere abgestiegen (Gruta do Lapão)

Wir waren aber bei unserem Guide in guten Händen. Zwar war er seit 4 Jahren nicht mehr in der Höhle (sie scheint nicht gerade die Touristenattraktion Nummer 1 zu sein), aber kannte sie seit dem Kindesalter. An einer Stelle löschten wir wieder das Licht und betrachteten die Dunkelheit und die blitzenden Feuersteine, welcher unser Guide auf den Boden warf. Nach einer aufregenden Wanderung, welche echt sehr beeindruckend war, waren wir letztendlich auch ein wenig froh, wieder heil aus der Höhle herausgekommen zu sein.

am Ausgang der Gruta do Lapão

Den Abend verbrachten wir noch in Lençois, bevor wir 23:30 mit dem Bus Richtung Küste aufbrachen.

Freitag, 19. Dezember 2008

Die Hauptstadt Brasília

Nach abwechslungsreichen naturgeprägten Tagen schlug es uns in die Hauptstadt Brasiliens. Brasília ist eine klassische Retortenstadt, welche erst in den Jahren 1957 bis 1960 erbaut wurde. Geprägt ist sie insbesondere durch den Architekt Oscar Niemeyer, welcher die Flugzeugform und auch viele der Gebäude entwarf.
Bereits 1877 wurde in der Verfassung festgelegt, dass auf dem heutigen Gebiet Brasílias - im Herzen Brasiliens - die künftige Hauptstadt zu errichten sei. Aber erst der Präsident Juscelino Kubitschek, welchem unzählige Gebäude und Denkmäler gewidmet sind, setzte die Stadt in die Realität um.

Blick auf Brasília im Anflug

Unser Flug nach Brasília zeigte uns einmal mehr, wie anders doch Brasilien ist. Da wir trotz reserviertem Platz freie Sitzplatzwahl im Flieger hatten, setzten wir uns aufgrund der größeren Beinfreiheit an die Notausgänge. Dort durften wir feststellen, dass wir eigentlich völlig ungeeignet für diese Plätze waren. Besondere Sicherheitskarten informierten uns über die Anforderungen für "Am Notausgang Sitzende". So mussten wir zum einen in guter körperlicher Verfassung sein, ohne Sehhilfen gut sehen können, den Anweisungen der Crew folgen und den anderen Passagieren laute und klare Anweisungen geben. Abgesehen davon, dass ich bei der Sehtauglichkeit schon einmal gescheitert wäre, hätte wahrscheinlich auch kaum ein Gast unsere englischen Anweisungen verstanden. Wir blieben dennoch am Notausgang sitzen und hofften, dass dieser auf diesem Flug nicht benutzt werden sollte. Was dann auch der Fall war. Glück gehabt...

das Flugzeug Brasília (Stadtplanung)
Wikipedia-Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Mapa_bras%C3%ADlia_pc000279.jpg


Sich in Brasília zurecht zu finden, ist relativ einfach, da alle Straßen durchnummeriert und mit Himmelsrichtungen versehen sind. Wir machten uns als erstes vom Flughafen (dem aeroporto internacional de Brasília Juscelino Kubitschek) aus auf die Suche nach einer Unterkunft. Im Lonely Planet (dem eindeutig besten Brasilien-Reiseführer, unserer Dumont hatte fast nur falsche Informationen) hatten wir uns bereits zwei Pensionen rausgesucht, welche wir auch sofort ansteuerten, aber nicht auf Anhieb fanden. Zwei nette Damen wollten uns behilflich sein, und lockten uns mit der Aussage, die beiden von uns Gesuchten seien leider zu, in ihre Pension (da gab es auch etliche Zimmer, aber nirgendswo ein Zeichen, dass es sich um eine Pension handelt). Aufgrund eines unguten Gefühls, verabschiedeten wir uns vorerst von den Damen und versuchten erst einmal die anderen Pensionen zu finden. Erstere hatte tatsächlich zu (auch hier kein Zeichen, dass sich hinter dem Haus eine Pension verstecken könnte). Bei der zweiten Pension - Cury's Solar - hatten wir mehr Glück und uns öffnete eine beleibte, dunkelhäutige und nette Dame mit Schnurbart die Tür. Wir entschlossen uns dann dort die Nacht zu verbringen und darauf zu vertrauen, dass der Lonely Planet-Reiseführer keinen Mist geschrieben hat, denn auch hier haben wir nicht annähernd eine Information gefunden, dass es sich um eine Pension handelt.

die Mittelachse vom Fernsehturm aus

Wir machten anschließend noch einen abendlichen Spaziergang zur Mittelachse des "Flugzeugs". Dort wurde aber mit Steinen geschossen (ein Mann legte sich scheinbar mit 3 anderen Männern an) und ehe sie die Pistolen zücken konnten, sind wir lieber wieder zurück ins Shopping-Center geflitzt und haben dort zu Abend gegessen.

Christian vor einem modernen Museumsbau

Am nächsten Morgen machten wir uns zunächst zum Busbahnhof auf, um unsere Tickets in die Chapada Diamantina zu kaufen. Nach ewigem Anstehen und mehreren Leuten, die sich vorgedrängelt haben, war leider nur noch ein Platz im gewünschten Bus übrig - eindeutig zu wenig für zwei Personen. Eine weitere Nacht in Brasília wollten wir aber definitiv nicht bleiben, da dass auch unsere komplette Planung über den Haufen geworfen hätte. Eine andere Busgesellschaft bot noch Fahrten in die gewünschte Stadt an, aber leider war der Schalter die ganze Zeit unbesetzt. Nach ewigem Rumfragen und von Schalter zu Schalter zu rennen, ohne eine Lösung zu finden, war ich ziemlich verzweifelt.
Aber wenn die Not am größten ist, fährt Christian plötzlich zu Höchstform auf und organisierte mit Hilfe eines englischsprechenden Brasilianers eine "Super"-Emtram-Busfahrt nach Seabra (Emtram ist die Busgesellschaft, welche ihr euch für weitere Ausführungen schon mal merken könnt).

Catedral Metropolitana de Brasília mit Glockenturm

Nun konnte das Abenteuer Brasília endlich richtig losgehen.
Zunächst verschafften wir uns vom kostenlosen Fernsehturm, welcher genau auf der Mittelachse steht, einen Überblick. Anschließend schauten wir uns einige kulturelle Gebäude von außen an, u.a. das Nationaltheater (teatro nacional Cláudio Santoro), einen futuristischen Museumsbau und die Hauptkirche Brasílias (Catedral Metropolitana de Brasília), welche leider wegen Reinigungsarbeiten gerade an dem Tag geschlossen war.
Anschließend drangen wir in das Regierungsviertel - das Cockpit des Flugzeuges Brasília - vor. Zunächst ging es an 17 baugleichen Ministerien vorbei, anschließend am Außenministerium und dem Justizministerium.

ich mit der Flagge meines Bundesstaates
Minas Gerais (im Nationalkongress)

Den Nationalkongress - Congresso Nacional - schauten wir uns in einer kostenlosen Führung an und konnten sowohl den Debatten des Senats als auch denen des Abgeordnetenhauses lauschen. Im Senat blieben wir eine Weile sitzen und hörten einem älteren Herren zu, welcher sehr gut mit der Stimme spielte und ständige neue Redezeit bekam. Viel verstanden haben wir nicht, nur dass ständig von Amerika und Barack Obama die Rede war (mein Praktikumsbetreuer meinte später zu uns: Brasilien hat keine Sorgen, deshalb redet es über die anderer ;-) ). Im Senat sprach mich dann noch ein Herr im Anzug an, ob ich die Rede gut fand und ich erklärte ihm dann in portugiesisch, dass wir keine Brasilianer sind und nicht viel verstanden haben. Das regte ihn an, weit auszuholen und mir über den Redner zu erzählen (er muss wohl sehr bekannt sein und schon lange im Senat sitzen und viel Einfluss haben, ...).
Aus dem Nationalkongress durften wir zudem noch zwei kostenlose Postkarten schreiben, da in wenigen Tagen der Nationalflaggen-Tag war. Eine ging an meine Republica (WG) in Itajubá und die andere an uns selbst nach Dresden. Man gönnt sich ja sonst nix...

Congresso Nacional

Als nächstes schauten wir uns den Platz der drei Gewalten an (Praca dos Três Poderes), welcher neben dem Nationalkongress - der Legislative - die zwei weiteren Staatsgewalten versammelt. Den Sitz der Exekutive - den Regierungspalast (Palácio do Planalto) konnten wir uns lediglich von außen anschauen. Im Sitz der Judikative - dem Obersten Gerichtshof (Supremo Tribunal Federal) schauten wir uns eine kleine Ausstellung an. Auf dem Platz der drei Gewalten befindet sich zudem die mit 20 x 14,3 m größte Staatsflagge der Welt, welche auf einem 150 m hohen Fahnenmast befestigt ist.

die größte Staatsflagge der Welt

Und dann war der Brasília-Tag mit vielen Regierungsgebäuden, moderner Architektur, vielen Behinderten (seltsamerweise haben wir wirklich sehr viele gesehen), den verzweifelten Versuchen vierspurige Straßen (in eine Richtung) ohne Ampeln zu überqueren (die Fußgänger hatte man in der Stadtplanung scheinbar vergessen) auch schon wieder vorbei.